Die Erinnerung

Das Herzhäuschen erinnert an die Familie Herz, die hier bis zu ihrer Deportation durch die Nationalsozialisten lebte. Es steht auch nach dem Wiederaufbau 2021 wie ein Stolperstein ein wenig im Weg - und das ist gut so!

 

Heute ist das Café ein Ort, an dem sich die unterschiedlichsten Menschen bei gutem Kaffee und leckerem Kuchen wohlfühlen. Die Erinnerung ist allgegenwärtig, ohne aufdringlich zu sein.

Was geschah mit Mathilde Herz?

Und warum heißt unser Café „Herzhäuschen“?

Mathilde Herz stammte aus Polch, einer Kleinstadt im Kreis Mayen-Koblenz. Dort wurde sie 1880 als viertes von 14 Kindern der jüdischen Eheleute Johanna Bender und Hermann Herz geboren. 1904 lernte sie ihren späteren, nicht verwandten Ehemann Albert Herz kennen, mit dem sie nach Köln-Bickendorf zog und dort vom Metall- und Kleinviehhandel lebte. 


1906 wurde die Tochter Martha geboren, 1907 der Sohn Karl Sally. 1910 zog die Familie in das Haus am Häuschensweg 18, wo 1914 Sohn Benno geboren wurde. Tochter Martha zog 1930 zu ihrem Mann nach Oberklingen in Hessen. Auch sie wurde Opfer des Holocaust. Ihr Bruder Karl Sally heiratete 1934 Marga Levy. Beide blieben auch nach der Geburt ihres Sohnes Harry 1935 im Häuschensweg wohnen. 


Unmittelbar nach Hitlers Machtübernahme am 30. Januar 1933 begannen die NSDAP und ihre Unterorganisationen mit teils ungeplanten, teils organisierten Gewaltakten gegen Juden. Es etablierte sich eine staatliche „Judenpolitik“, in deren Folge es am 1. April 1933 zum ersten Boykott jüdischer Geschäfte und Einrichtungen kam. Mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933, das die Entlassung aller „nichtarischen“ Beamten vorsah, wurde erstmals ein „Rassekriterium“ in ein staatliches Gesetz aufgenommen. Es leitete die gesellschaftliche Ausgrenzung der Juden aus Berufsverbänden, Betrieben, Vereinen, Schulen und dem kulturellen Leben ein. Diese wurde durch zahlreiche weitere antijüdische Gesetze und Verordnungen fortgesetzt und bis 1945 immer weiter verschärft. Ebenfalls 1933 entstanden die ersten Konzentrationslager (KZ); im KZ Dachau wurden am 12. April 1933 erstmals Juden ermordet.


Angesichts der zunehmenden Unterdrückung und Ausgrenzung sahen viele Juden in der Emigration die letzte Möglichkeit zu überleben. Im September 1938 entschloss sich auch der 24-jährige Benno Herz zur Emigration in die USA. Er überlebte als einziges Mitglied der Familie Herz den Holocaust. Benno Herz starb 1968 in Colorado. 


Als im November 1938 die Synagogen brannten und die letzten jüdischen Geschäfte geplündert wurden, war die Auswanderung für die Familie Herz unmöglich geworden. Nach der Zwangseinweisung des enteigneten Schuhgroßhändlers Carl Frankenstein im Sommer 1940 mussten sich sechs Personen das kleine Haus teilen.


Im Oktober 1941 wurden Carl Frankenstein, Marga, Karl Sally und Harry Herz aufgefordert, sich im Lager „Messe“ in Deutz einzufinden. Mathilde und Albert erhielten diese Aufforderung eine Woche später - angeblich sollten sie in den Osten zwangsumgesiedelt werden. Tatsächlich wurden sie mit über 1.000 anderen jüdischen Kölnerinnen und Kölnern in das Ghetto Litzmannstadt (Lodz) deportiert. 


Als Todestag von Mathilde wird der 15. Mai 1942 angegeben, alle anderen Familienmitglieder wurden bis September 1942 im Vernichtungslager Kulmhof/Chelmno ermordet. Das Entschädigungsverfahren für Benno Herz zog sich von 1952 bis 1965 hin und endete mit einem Vergleich über 5.000 DM. 


Vor diesem historischen Hintergrund und angesichts des zunehmenden Antisemitismus und Rassismus in unserer Gesellschaft, sind wir uns als Betreiber des Cafés bewusst, dass die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus wichtiger denn je ist. Neben den Stolpersteinen vor dem Haus erinnert die Installation von Gerimia Carrara und Francesca Magistro, die wir auch dank zahlreicher Spenden unserer Gäste erwerben konnten, an die Familie Herz und ihr Schicksal.


Unsere Haltung bringen wir nicht zuletzt durch die Erinnerung an die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948 zum Ausdruck. Auszüge daraus ziehen sich wie ein roter Faden durch das Café.


Mit dem Café Herzhäuschen wollen wir einen Ort schaffen, an dem sich alle Menschen wohlfühlen, die ähnlich denken.

 

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